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Thorsten Wolf | Agile4Work

Agile Coach gesucht. Wirklich?


Suche Agile Coach

Verfolgt man die Entwicklung der Nachfrage auf dem Arbeitsmarkt fällt folgendes auf: händeringend werden Agile Coaches gesucht. Allein bei Indeed gibt es über 765 Stelleninserate für einen Agile Coach. Man könnte denken, den Unternehmen ist es mit der Agilen Transformation wirklich ernst. Aber ist das so? Hier wie da agiert der Agile Coach meistens als ein erweiterter Scrum Master. Bei weit mehr als der Hälfte ist schon aus der Anzeige ersichtlich, dass hier eigentlich Scrum Master gesucht werden und keine Agile Coaches: mehrjährige Erfahrung in der Führung von Scrum Teams (als Scrum Master), möglichst auch in skaliertem Umfeld und bitte mit Branchenkenntnissen! Also, eigentlich Projektleiter die mit Scrum arbeiten und die Methode vermitteln können, Scrum Master eben! Und Scrum Master Anzeigen gibt es insgesamt Rund 1.700, allerdings erscheint die Bezeichnung Agile Coach wohl um einiges attraktiver zu sein. Zeit also, für eine differenzierte Betrachtung der Rollen eines Agile Coaches und den dafür nötigen Kompetenzen.

Agile Coach als Trainer. Fokus: Methoden und Tools

Hier trainiert der Agile Coach die Scrum Master oder andere Teams in der Anwendung von Scrum, Kanban und Co.. Der Fokus liegt mehr auf der Einführung der Methoden, den Arbeitsweisen und der Unterstützung der Zielerreichung der bereits eingesetzten Scrum-Teams. Hierbei steht die Einhaltung der vorgegebenen Regeln und Prinzipien sowie die richtige Anwendung der Methoden und Tools im Vordergrund. Wenigen geht es dabei auch um die grundsätzliche Verbesserung der Zusammenarbeit selbst-organisierter Teams und den damit verbundenen, notwendigen Veränderungen auf organisationaler Ebene. Aber: Toolset ist nicht Skillset und erst recht nicht Mindset. Genaugenommen geht es hier „nur“ um das Eintrainieren der Methoden und die Unterstützung beim Anwenden der Tools. Hierfür wäre die Bezeichnung Scrum Master eigentlich völlig ausreichend ...

Erforderliche Kompetenzen: Präsentation, Visualisierung, Moderation, Agile Methoden und Tools

Agile Coach als Teamentwickler. Fokus: Zusammenarbeit und Selbstorga-nisation

Sind die Methoden und Tools erst einmal verstanden und in die täglichen Arbeitsprozesse eingeführt kommt es jetzt darauf an, die Teams bei Problemen in der Zusammenarbeit zu unterstützen. Gruppendynamiken, auftretende Konflikte und die ungewohnte Art des selbstorganisierten Arbeitens ohne formale Hierarchien sind hier die zentralen Herausforderungen für die Beteiligten. Dem transparent machen der Dynamiken und die fachliche Unterstützung bei der Installation von Reflektions- und Feedbackprozessen im Rahmen der Selbstorganisation kommt hier besondere Bedeutung zu. Dabei sind die Entwicklung einer wertschätzenden Kommunikations-kultur, die Akzeptanz von Unterschiedlichkeit als wertvoller Beitrag zur gemeinsamen Zielerreichung, die multiperspektivische Betrachtungsweise von Konflikten sowie die eigenständigen Entwicklung von Win-Win-Lösungen im Team und dem Entgegenwirken von Groupthinking für eine erfolgreiche Entwicklung zur agilen Organisation essentiell und erfordern professionelle Begleitung.

Erforderliche Kompetenzen: Konfliktmanagement, Gruppenmoderation, Kommunikation, Teamentwicklung, Agiles Mindset

Agile Coach als Organisationsentwickler. Fokus: Strukturen und Prozesse

Auf dem Weg zu mehr Agilität kommen Organisationen nicht umhin, strukturelle Veränderungen in ihrer Aufbau- und Ablauforganisation vorzunehmen. Wie sonst ließen sich Märkte, Wettbewerber und vor allem Kunden mehr in den Fokus nehmen, wenn sie bei der momentanen, pyramidenhaften Silostruktur nicht einmal im Organigramm auftauchen? Hier ist der Organisationsentwickler mit seinem Wissen über agile Organisationsstrukturen gefragt, die leider bei weitem immer noch nicht Bestandteil klassischer Managementausbildungen sind. Strukturen zu schaffen, die der Organisation eine schnelle, permanente Anpassung an sich verändernde Gegebenheiten ermöglicht und wo nötige Veränderungen - gleich welcher Art - von jedem Mitglied initiiert werden können ist hier die Hauptaufgabe.

Erforderliche Kompetenzen: Change Management, Systemische Organisations-entwicklung, Agiles Mindset

Agile Coach als Coach. Fokus: Mensch und persönliche Entwicklung

Auf dem Weg zur agilen Organisation geht es auch um persönliche Veränderung, um persönliches Wachstum. Aufgaben verändern sich, Rollen definieren sich neu, Wertigkeiten von Kompetenzen verschieben sich. Jahrzehntelange Grundüberzeugungen verlieren an Gültigkeit und müssen durch Neue ersetzt werden. Komplexität nimmt zu, Widersprüchlichkeit und Unsicherheit müssen ausgehalten werden. Standorte neu bestimmt, Ziele neu definiert werden. Hier kann es schnell zu einem Gefühl der Überforderung bei den Beteiligten kommen. Dieses nicht zu beachten würde ein Grundprinzip von Agilität - nämlich den Menschen mehr in den Mittelpunkt zu stellen - ad absurdum führen. Der Coach unterstützt hier beim Wechsel von Perspektiven, der Veränderung von hinderlichen Glaubenssätzen und Selbstüberzeugungen, der Reflektion der persönlichen Wahrgebung und hilft bei der Neuorientierung.

Erforderliche Kompetenzen: Systemisches Coaching

Agile Coach als Berater. Fokus: Know-how zur Transformationsbegleitung

Agilität betrifft alle Bereiche einer Organisation. Es betrifft die Arbeitsprozesse und Organisationsstrukturen, sei es in der Entwicklung, dem Einkauf, der Produktion, dem Personalbereich, der IT, dem Controlling, dem Vertrieb oder dem Kundenservice. Es betrifft die Unternehmensführung genauso wie die Mitarbeiter. Als Berater unterstützt der Agile Coach alle Funktionsbereiche und alle Hierarchieebenen einer Organisation im Tagesgeschäft mit seinem Wissen über Agilität und begleitet die Organisation als Reflektor und Wächter bei der Umsetzung agiler Prinzipien hin zur lernenden Organisation. Dabei gibt er Hinweise und Tipps die es den Beteiligten leichter machen, eigene Lösungen zu entwickeln und ermutigt zum Experimentieren.

Erforderliche Kompetenzen: Systemische Beratung, Agile Organisationsent-wicklung, Agiles Mindset

Mindset und Kompetenzen eines Agile Coaches

Definieren wir Mindset als Haltung auf Grund bestimmter Werte und Erkenntnisse, so wird klar, dass damit auch eine andere Denk- und Herangehensweise, eine andere Sicht auf die alltäglichen Dinge einhergeht. Somit lässt sich ein Agiles Mindset nicht von heute auf morgen adaptieren, sondern muss sich entwickeln. Dabei können die Wege der Entwicklung ganz unterschiedlich sein: manche kommen aus den Naturwissenschaften wie Biologie, Mathematik oder Physik. Andere aus den Geisteswissenschaften wie Philosophie oder Psychologie. Oder aus ganz anderen Richtungen. Unabhängig ob Studium oder Weiterbildung: die Beschäftigung in Form von Austausch und Reflektion mit den Ideen und Gedanken, den Theorien und Prinzipien der Vorreiter von Agilität, ist für die Entwicklung eines „Agilen Mindsets“ unerlässlich.

Ebenso wichtig sind für einen Agilen Coach Weiterbildungen in den Bereichen Systemisches Coaching, Moderation, Konfliktmanagement, Change Management, Kommunikation, Systemische Beratung und zumindest ein grundsätzliches Verständnis der Betriebswirtschaftslehre, besonders im Hinblick auf die eigene Anschlussfähigkeit ;-)

Und dann können solche Fragen wie: „Wo sollte ein Agiler Coach denn „aufgehängt“ sein?“, ob in der IT, HR, GF oder wo auch immer schnell als das aufgedeckt werden, was sie sind: Produkte einer Denkweise, der noch immer eine formalhierarchische Silostruktur zu Grunde liegt und die Organisation daran hindert, endlich agiler zu werden.

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